Artikel vom 
Januar 16, 2023

Wie finde ich einen guten Umgang mit meiner Wut?

Lesedauer 4 Minuten

In diesem Artikel haben wir die Emotion Wut genauer unter die Lupe genommen und beschrieben, was Wut ist, wo sie herkommt und wofür sie gut ist. Hier wollen wir dir dabei helfen, einen guten Umgang mit deiner Wut zu finden.

Wir haben zwar keine Kontrolle über unsere Gefühle, aber über unseren Umgang mit ihnen schon.

Wenn es um das Gefühl Wut geht, neigen wir Menschen dazu, auf Umstände oder andere Menschen bzw. Objekte wütend zu sein. Dieser Wut sind wir allerdings nicht einfach ausgeliefert: Auch, wenn sich unsere Reaktion wie automatisiert anfühlt und vielleicht zur Gewohnheit geworden ist, ist deine Entscheidung zu der Reaktion frei wählbar. Du selbst entscheidest, was du mit deinen Gefühlen machst und wie du auf sie reagierst. 

Lange Zeit wurde angenommen, Wut müsse man hemmungslos ausleben, um sie loszuwerden: Durch das Zerstören von Dingen, lautes Schreien oder das Schlagen auf einen Boxsack. Dies ist das Prinzip der Katharsis. Studien konnten dieses Prinzip jedoch widerlegen und zeigen, dass das hemmungslose, ungebremste und aggressive Ausleben der Wut, diese bloß weiterhin verstärkt.

Das Unterdrücken der Wut ist ebenso wenig hilfreich, da die Wut auf diese Weise nicht “verschwindet”. Stattdessen richten wir sie so lang nach innen, bis das innere Fass voll ist und sie mit einer umso gewaltigeren Kraft zum Vorschein kommen kann. Dass die Unterdrückung von Wut wenig hilfreich ist, merkst du z.B. daran, dass du wahrscheinlich nur noch aggressiver wirst, wenn dich jemand in einer wütenden Situation bittet, “dich doch zu beruhigen!”

Es geht also darum, der Wut den Raum zu geben, den sie benötigt, sie wahr- und ernst zu nehmen und adäquat zu äußern. 

Wie das geht, erklären wir dir in 3 Tipps: 

1. Genau hinschauen & unterschiedlichen “Nuancen” der Wut wahrnehmen

Eine Tagebuchstudie konnte zeigen, dass Menschen, die sich genau mit ihrer Wut auseinandersetzten und so präzise wie möglich benannten, was sie fühlten und woher es kam, im Nachhinein weniger aggressiv waren und sich weniger provozieren ließen. 

Dafür hilft es, sich in einer ruhigen (nicht wütenden!) Situation hinzusetzen und die eigene Wut zu erforschen. Um mit der Wut umgehen zu können, musst du wissen, was deine Trigger-Punkte sind und was genau sie in dir auslösen. Wut hat viele Nuancen: Missmut, Unmut, Hader, Genervtheit, Ärger, Zorn, Raserei, Entrüstung, Groll… Welche Situationen führen zu welchem konkreten Gefühl? Und warum wirst du wütend? 

Behalte dafür im Kopf, dass Wut dir immer aufzeigt, was dir persönlich wichtig ist. Bist du bspw. wütend auf eine geliebte (für dich wichtige) Person, ist dein Gefühl vermutlich ambivalent und du kannst versuchen, dich auf den liebenden Anteil in dir zu konzentrieren. Wie interpretierst du jene Situationen, die dich wütend machen? Gibt es möglicherweise noch alternative Erklärungen? Was ist der Anteil deines Gegenübers an der Situation? Was ist dein Anteil? Es ist immer deine individuelle Interpretation einer Situation, die Wut erzeugt. Vielleicht wirst du schnell wütend, wenn du dich provoziert fühlst. Dann legst du unbewusst deinen Fokus auf Provokationen und interpretierst womöglich schneller als andere eine Situation als provokativ. Es ist also sinnvoll, sich auch mit seinen Anteilen auszukennen. Wenn du deine Wut besser verstehst, wirst du dich ihr gegenüber weniger machtlos ausgeliefert fühlen.

2. Frühwarnzeichen erkennen und Wut-Skala erstellen

Wenn du eine Skala erstellen würdest nach dem Prinzip 0% nicht wütend - 100% sehr wütend, wie würde sich deine Wut auf Körper-, Gefühls-, Gedanken- und Handlungsebene äußern? Woran erkennst du eine 20%ige Wut, woran eine 70%ige? 

Wenn du dich für Anzeichen deiner Wut sensibilisiert und sie schneller bemerkst, kannst du dies verbalisieren (“Ich werde jetzt wütend”), deine rote Linie aufzeigen und den Wutanfall leichter vorbeugen. Da Wut ein solch starkes Gefühl ist, scheint es unsere Vernunft gefühlt auszuschalten. Daher ist es hilfreich, sich bereits im Vorhinein (und nicht erst in der Situation selbst) zu überlegen, wie man mit unterschiedlichen Wut-Levels umgehen möchte. 

Wenn du spürst, dass du richtig wütend wirst (hohe Zahl auf Wut-Skala), versuche diesen “erregten” Zustand auf eine weniger emotionale Art und Weise abzubauen, z.B. durch joggen gehen. 

Was kannst du bei den anderen Wut-Levels tun? Wann ist es z.B. hilfreich, einfach kurz Dampf abzulassen und zu fluchen? Wann ist eine Klärung nötig? An welcher Stelle kannst du vielleicht auch versuchen, dich nicht so ernst zu nehmen und über deine Eigenheiten zu lachen? Anschließend ist es hilfreich, sich diese Strategien möglichst bildlich vor innerem Auge vorzustellen. Das Gehirn macht in der Verarbeitung keinen Unterschied zwischen Handlungen und Visualisierungen von Handlungen. Du kannst deinen Umgang mit Wut also bereits “trainieren”, indem du dir einfach nur vorstellst, wie du zukünftig mit deiner Wut umgehst.

3. Wut für etwas Gutes nutzen

Wut zeigt uns, was uns wichtig ist und wo unsere Grenzen liegen. Falls dir deine Wut also angemessen erscheint und du nicht meinst, etwas fehlinterpretiert zu haben, nutze deine Wut als Hinweis für wichtige Herzensthemen und überlege, ob du das Thema klären möchtest oder Veränderung auf andere Art und Weise anstoßen willst, z.B. indem du eine Demo planst oder einem Verein beitrittst, der sich für deine Themen/ Werte einsetzt. Es geht hierbei also darum, deine Wut ernst zu nehmen und zu nutzen, um auf konstruktive Art und Weise Veränderung herbeizurufen. 

Falls du nun denkst “Das schaff ich nie”, frage dich, ob du bei deinem Chef zu ähnlichen Wutausbrüchen neigen würdest. Hier gelingt es dir bestimmt leichter, deine Wut zu regulieren. 

Wir können uns nicht aussuchen, wann wir wütend werden und wann nicht. Aber wir können uns aussuchen, was wir mit dem Gefühl, unserer Wut, machen und wie wir mit ihr umgehen wollen.

Friederike Schubbert

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