Lesedauer 6 Minuten Hast du den Anspruch an dich, alles perfekt zu machen? Was Perfektionismus ist und ab wann Perfektionismus krank macht, das erfährst du hier.
In Deutschland gaben im Jahr 2021 rund 42% der Deutschen an, sich einsam zu fühlen. Dies hängt in heutigen Zeiten insbesondere mit der Pandemie zusammen. Wohingegen sich vor ein paar Jahren vor allem Anfang 30- sowie Anfang 80-jährige einsam fühlten, ist das Einsamkeitsgefühl inzwischen auf mehrere Altersgruppen verteilt. Einsamkeit ist nichts Ungewöhnliches mehr, und dennoch etwas, an das man sich nicht gut gewöhnen kann und möchte. Denn Einsamkeit ist nicht nur unangenehm, sie kann auch sehr schmerzhaft sein und kann uns Menschen als soziale Wesen sogar krank machen und zu gesundheitsschädlichen Risiken wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen und einem erhöhten Sterberisiko führen. Doch wie wird Einsamkeit genau definiert? Und was können wir dagegen tun? Das möchten wir dir hier erklären.
Das Gefühl von Einsamkeit kann sich aus unterschiedlichsten Gründen einstellen. Wenn wir hören, dass sich jemand einsam fühlt, würden wir vermutlich zuerst an mangelnde Verbindungen denken. Vielleicht vermisst du eine Partnerschaft, eine beste Freundin oder eine Clique, eine Familie oder nette Arbeitskolleg:innen. Oder es gibt solche Verbindungen in deinem Leben, aber es besteht eine weite räumliche Distanz und daher nur spärlicher Kontakt.
Einsam kannst du dich auch inmitten vieler Menschen fühlen. Vielleicht hast du einen großen Freundeskreis, mit dem du regelmäßig etwas unternimmst. Trotzdem fühlst du dich einsam, vermisst eine gewisse Tiefe und Intimität und bist darüber traurig. Einsamkeit hängt somit auch mit weiteren Gefühlen, wie Scham, Traurigkeit und Enttäuschung zusammen.
Möchtest du deine Einsamkeit besser verstehen und herausfinden, wo sie herkommt, ist es wichtig, einen Blick auf deine Bedürfnisse zu werfen. Was ist es genau, das dich einsam fühlen lässt? Was vermisst du? Welches Bedürfnis ist in der aktuellen Lebenssituation nicht befriedigt?
Es ist möglich, dass es um das Bedürfnis nach Geselligkeit geht. Vielleicht würdest du dir wünschen, mehr mit anderen Menschen zu unternehmen und zusammen Spaß zu haben. Es kann aber auch sein, dass es dir weniger um Geselligkeit und Anschluss geht, und mehr um Intimität und Nähe. Vielleicht fehlen dir tiefe Gespräche, Menschen, denen du dein Herz ausschütten und alles erzählen kannst und andersherum.
Häufig fühlen wir uns einsam, wenn lebensverändernde Umstände eintreten, zum Beispiel Umzüge oder neue Lebensabschnittsphasen, wie die Übergänge zwischen dem Leben als Auszubildende:r und Arbeitnehmer:in, zwischen dem Leben als Paar zu zweit und schließlich als Elternteil zu dritt (+) oder zwischen dem Leben in einem turbulenten Haus mit Kindern und einem ruhigeren Rentnerhaushalt. In diesen Phasen verändern sich unsere Gewohnheiten und wir wechseln dabei häufig unser alltägliches Umfeld. Wir entwickeln uns weiter und lösen uns hin und wieder von alten Lebensabschnittsgenoss:innen.
Auch können ungünstige Kindheitserfahrungen mit starken Einsamkeitsgefühlen zusammenhängen. Wer früher von anderen Kindern ausgegrenzt wurde, fühlt sich womöglich seit jeher „anders“ und sucht den „Fehler“ bei sich. Es baut sich die Erwartungshaltung auf, für „komisch“ gehalten zu werden, man wird misstrauischer und beginnt, sich von anderen Menschen oder großen Gruppen zurückzuziehen.
Wir halten also fest: Einsamkeitsgefühle hängen mit frustrierten Bedürfnissen, veränderten Lebensumständen und ungünstigen Lernerfahrungen zusammen.
Man könnte annehmen, Einsamkeit würde entstehen, wenn das Umfeld einen ablehnt. Aber Einsamkeit fängt häufig bei einem selbst an, bei den eigenen Einstellungen und Grundannahmen über sich. Viele Menschen, die sich einsam fühlen, lehnen sich selbst ab. Daraus resultiert oft die Befürchtung, das Umfeld würde einen ebenso ablehnen und es entsteht die Angst vor Ablehnung.
Wie so häufig in unseren Artikeln beschrieben, hängt Angst vor allem mit einem zusammen: Vermeidung. Haben wir Angst vor gewissen Situationen (z.B. Gruppensituationen), so vermeiden wir diese, um uns nicht der Angst und ihren Konsequenzen stellen zu müssen. Nehmen wir mal an, dass uns Gruppensituationen Angst machen, da wir befürchten, dort abgelehnt zu werden.
Nehmen wir dennoch daran teil und stehen am Rand, ohne uns zu beteiligen, können andere vermuten, wir hätten kein Interesse und sprechen uns weniger häufig an. Die Reaktionen aus unserem Umfeld würden wir hingegen persönlich nehmen und negativ interpretieren: „Der hat auch einfach keine Lust mit mir zu reden, niemand will hier mit mir reden.“ Auf diese Art und Weise würden sich unsere negativen Grundannahmen verstärken und wir hätten in Zukunft vermutlich noch mehr Angst vor Ablehnung und würden noch weiter in die Vermeidung gehen, was wiederum die Reaktionen aus unserem Umfeld verstärken würde. Vielleicht würden wir irgendwann nicht mal mehr zu Gruppenaktivitäten eingeladen werden, weil unser Umfeld aufgrund unserer ablehnenden Haltung annimmt, es bestehe gar kein Interesse. Dabei ist der Kern der Sache jener, dass wir befürchten, nicht gut anzukommen und letztendlich einsam und allein dazustehen.
Es geht somit beim Thema Einsamkeit viel um Themen wie Selbstablehnung, Angst vor Ablehnung und Vermeidung. Das Gute dabei: Das eigene Verhalten kann man anpassen! Wie dir das gelingen kann, das erfährst du gleich.
Es ist schwierig, pauschale Ratschläge auf diese Frage zu geben. Jedoch gibt es gewisse Dinge, auf die man achten kann.
Zunächst ist es wichtig, den Blick auf sich und die bestehenden Beziehungen zu richten. Womit bist du zufrieden und wo fehlt dir etwas? Welche konkreten Bedürfnisse versuchst du durch deine Beziehungen zu befriedigen? Geht es dir um dein Bedürfnis nach Geselligkeit? Oder eher nach dem Bedürfnis nach Intimität?
Versuche, dich selbst zu erforschen. So kannst du anschließend besser Dinge anschieben, um deinen Bedürfnissen gerecht zu werden.
Vielleicht kennst du den Spruch „Du musst erst dich lieben, bevor du von anderen erwarten kannst, dich zu lieben”. Mache dir einmal bewusst, was zu deinen Stärken, Talenten und Fähigkeiten gehört und richte deinen Blick auf deine Hobbys und Interessen. Frage dich: Was würde ich gern mit einem oder einer Partner:in oder meinen besten Freund:innen tun, und unternimm es alleine. Für Freund:innen putzen wir häufig die Wohnung, zünden Kerzen an und kochen ein 3-Gänge-Menü. Für uns selbst würden wir diesen Aufwand oftmals nicht betreiben. Sieh den Umgang mit der Einsamkeit als Chance für den Aufbau von mehr Selbstachtung, mach es dir gemütlich und werde dir selbst dein:e beste:r Freund:in!
Punkt zwei ist vermutlich der wichtigste Punkt, um den Teufelskreis der Einsamkeit zu durchbrechen. Hierbei geht es darum, dich deinen Ängsten zu stellen, das Vermeidungsverhalten abzulegen und Chancen zu schaffen, um neue Menschen kennenzulernen. Dabei kann es helfen, Orte, die du gern magst, aufzusuchen, z.B. der Park, in dem man so gerne Gassi geht, das Fitnessstudio bzw. der Sportverein, die Lieblingsbar oder das Lieblingstheater. Auch ehrenamtliches und soziales Engagement können Einsamkeit lindern. Gutes Tun hilft und verbündet. Mache dir bewusst, dass es - egal wohin du gehst - immer Menschen geben wird, mit denen du eine Gemeinsamkeit haben wirst, über welche man sich austauschen und verbinden kann. Versuche, dabei den Blickkontakt zu halten und eine offene Körperhaltung einzunehmen. Damit signalisiert du deinem Umfeld deine Gesprächsbereitschaft und es wird ermutigt sein, auf dich zuzukommen. Wenn niemand auf dich zugeht (vielleicht aus Schüchternheit oder eigener Angst vor Ablehnung) versuche dich zu überwinden, indem du selbst aktiv wirst und den Kontakt initiierst. Das wird dir helfen, deine negativen Erwartungen durch realistische Gedanken zu ersetzen.
Eine etwas andere Herangehensweise wäre ein bewusst durchgeführtes Verhaltensexperiment: Hast du das Gefühl, du stößt nur auf Ablehnung, versuche mal ganz bewusst, diese Hypothese zu überprüfen. Versuche dafür, mal einen Abend lang so viele Körbe einzusammeln wie nur möglich. Du wirst sehen, es ist gar nicht so leicht! Sicherlich sind einige dabei, die sich sehr freuen, von dir angesprochen zu werden. Menschen sind glücklicherweise sehr unterschiedlich und es gibt immer jemanden, mit dem man Gemeinsamkeiten findet und sich gut versteht.
Im nächsten Schritt geht es darum, die Kontakte zu halten. Richte den Blick zunächst auf deine bereits bestehenden Beziehungen. Gibt es Kontakte, die etwas mehr Beziehungspflege benötigen könnten? In welche Beziehungen kannst du noch mehr investieren? Es ist wichtig, Freundschaften zu pflegen, denn vielleicht können sie irgendwann (z.B. im Alter) zum Familienersatz werden. Gehe dafür in dich und frage dich, bei welchen Menschen du dich richtig authentisch fühlst. Bei wem kannst du dich so zeigen, wie du bist? Wen hast du vielleicht (wie in Punkt 2 beschrieben) gerade kennen und mögen gelernt?
Kleiner Tipp: Es gibt in unseren heutigen Zeiten von Internet und Co viele tolle Apps und Portale, um neue Menschen kennenzulernen. Zum Beispiel gibt es Apps wie Rendezwho, bei denen du mit einer wildfremden Person auf der Welt verbunden wirst und sie kennenlernen kannst. Oder Ameego, eine App, bei der du einen Vorschlag für eine Unternehmung posten kannst, an der andere teilnehmen können. Etwas altmodischer, aber mindestens genauso schön ist die Aktion "Fremde Freunde", bei der dir eine Brieffreundschaft vermittelt wird. Es gibt also viele Möglichkeiten, neue Menschen kennenzulernen. In Zeiten der Pandemie fühlen sich viele Menschen einsam. Lasst uns etwas dagegen tun, ganz nach dem Motto #gemeinsameinsam. Vielleicht hält das Leben ja eine schöne Überraschung für dich bereit!
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