Artikel vom 
März 27, 2023

7 Tipps für den Umgang mit Bindungs- und Verlustangst

Lesedauer 5 Minuten

In diesem Artikel konntest du bereits lesen, was Bindungsangst ist, wie sie entsteht und wie sie mit Verlustangst zusammenhängt. In diesem Artikel möchten wir dir Möglichkeiten aufzeigen, mit deinen Bindungs- und Verlustängsten umzugehen.

7 Tipps zur Überwindung von Bindungs- und Verlustangst 

1. Bewusstsein entwickeln:

Wenn du diesen Artikel aus eigenem, persönlichem Interesse liest, ist dir der erste Schritt bereits gelungen! Dir ist bewusst geworden, dass du Bindungs- und/ oder Verlustangst kennst und etwas ändern möchtest. Vielen Menschen fällt es gar nicht auf, dass sie bindungsängstlich sind. Um etwas verändern zu können, ist es essentiell, ein klares Problembewusstsein zu haben: Was macht dir Angst? Verlassen oder verletzt zu werden? Zu vertrauen? Dich im Erfüllen von Erwartungen erdrückt zu fühlen? Was vermeidest du aufgrund deiner Ängste?

2. Selbstmitgefühl aktivieren:

Im zweiten Schritt geht es darum, Selbstmitgefühl zu entwickeln. Verurteile dich nicht für deine Ängste, sondern versuche anzuerkennen, dass deine Ängste sich als eine Art Schutzstrategie entwickelt haben, um dich vor ähnlichen Erfahrungen zu schützen. Mache dir bewusst, dass du als kleines, hilfloses Kind abhängig von deinen Eltern warst. Aber heute bist du groß und kannst für dich selbst Verantwortung übernehmen. Die Zeit ist vorbei. Deine Ängste wollen dich schützen. Und unter anderen Bedingungen hätte sich dein Gehirn sicher anders entwickelt. Aber heute brauchst du deine Ängste nicht mehr und darfst daran arbeiten, sie loszulassen und neue Gehirnstrukturen aufzubauen. 

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3. Glaubenssätze erkennen & auflösen:

Nimm dir im dritten Schritt Papier und Stift und beantworte folgende Fragen, um deine negativen Glaubenssätze zu erkennen und aufzulösen:

Glaubenssätze erkennen:

Was assoziiert dein Gehirn mit Bindung? Totale Vernachlässigung? Verlassen werden? Gefahr? Welche Situationen hast du mit deinen Bezugspersonen als Kind erlebt, in denen du dich schlecht gefühlt hast? Gekränkt, übersehen, gedemütigt? Hattest du eine bestimmte Rolle (z.B. Mamas beste Freundin sein, Papa schützen etc.)? Und was denkst du über dich, wenn es dir nicht gut geht? 

Daraus könnten folgende Glaubenssätze entstehen: Ich bin nicht liebenswert. Ich bin nicht wichtig. Ich kann dir nicht vertrauen. Ich bin für deine Stimmung verantwortlich. Ich muss es allein schaffen. → Dies können auch Sätze sein, die du als Kind oft gehört hast, z.B. Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser… usw.

Mache dir nochmals bewusst, dass die Glaubenssätze in deine Vergangenheit gehören und damals wahr und sogar überlebenswichtig waren. Jetzt ist es wichtig, Abstand zu diesen negativen Glaubenssätzen zu gewinnen und neue Gehirnstrukturen zu entwickeln.

Glaubenssätze auflösen:

Frage dich zunächst, warum du an deinen alten Glaubenssätzen festhältst? Unterliegst du womöglich der Annahme, die Beziehung zu deinen Eltern aufgeben zu müssen, wenn du alte Glaubenssätze aufgibst? Z.B. den Auftrag “immer für Mama da zu sein” oder Ähnliches? Dann mache dir bewusst, dass deine Eltern erwachsen und eigenverantwortlich sind. Du darfst dich also von deinen alten Glaubenssätzen lösen. Frage dich dann in Situationen, in denen deine negativen Glaubenssätze laut werden, folgendes: Gibt es Beweise für meine Glaubenssätze, z.B. “Ich werde immer verlassen”? Oder handelt es sich womöglich um mein Kindheitsgefühl/ meine Kindheitsprägung? Wer von meinen Mitmenschen hat mich nicht verlassen und mir damit das Gegenteil bewiesen? Frage dich generell: Wie würde jemand Selbstsicheres in meiner Situation reagieren? Wie würde ich mich verhalten, wenn ich davon ausgehen würde, geschätzt und geliebt zu werden? Vielleicht kannst du dir anschließend ein Herz fassen und diese Verhaltensweisen ausprobieren, um neue Erfahrungen zu machen.

Neue Glaubenssätze finden:

Versuche nun, deine Glaubenssätze zu verändern und blicke dafür in deine aktuelle Realität: Welche Glaubenssätze sind für deine heutige Realität angemessener? Versuche vom Gefühl in den Verstand zu kommen und suche nach Beweisen, die aktuell für oder gegen deinen neuen Glaubenssatz sprechen würden. Steffi Stahl betont in ihren Podcasts, dass es wichtig ist, dass die neuen Glaubenssätze auch realistisch sind. Ein Glaubenssatz wie “Ich kann alles schaffen” ist unrealistisch, besser wäre dann “Ich kann Vieles schaffen” oder “Ich darf auch Fehler machen. Das ist menschlich”. Schließlich gehe in die Selbstbeobachtung: Wann immer die alten Glaubenssätze auftauchen, erinnere dich an die Neuen. Du kannst auch in besonders schönen Situationen üben, deine neuen Glaubenssätze zu denken, um sie so immer tiefer in dir zu verankern. 

→ Oft gelingt es uns leichter mit psychologischer Unterstützung (in Form von Ratgeber-Büchern zB “Das Kind in dir muss Heimat finden” von Stefanie Stahl oder durch psychologische Beratung/ Psychotherapie) unsere Glaubenssätze aufzulösen und zu verändern.

4. Vertrauen aufbauen: Lerne zu vertrauen, indem…:

  • du dir bewusst machst, dass du mit Verletzungen innerhalb vergangener Beziehungen eher die ausnahmhafte als die übliche Erfahrung gemacht hast. Besser 100 mal vertraut und 1 mal verletzt, als 100 mal misstraut und damit 1 mal geschützt, nicht wahr?
  • du klare Absprachen mit deinem Partner oder deiner Partnerin über eine transparente Kommunikation triffst, in welcher ihr euch sofort mitteilt, wenn es euch mit der Beziehung schlecht geht oder euch etwas nicht passt. Macht euch transparente Ehrlichkeit zum obersten Gebot!

5. Gute Balance aus Bindung und Autonomie finden:

  • Für Bindungsängstliche mit typischerweise starkem Fokus auf Autonomie heißt es: Bindung fördern! Zum Beispiel, indem du dir überlegst, inwiefern eine Beziehung dein Leben bereichern würde. Was wünscht du dir von einer potentiellen Beziehung? Und sind die Wünsche (idealerweise, um alte Bindungsstile zu ersetzen) orientiert an einem sicheren Bindungsstil und beinhalten Werte wie Ehrlichkeit, Zuverlässigkeit, Loyalität? Sind deine Beziehungsstandards angemessen und kannst auch du deine eigenen Beziehungsstandards erfüllen? 
  • Für Verlustängstliche mit typischerweise starkem Fokus auf Bindung heißt es: Autonomie zu fördern, um zu erkennen, dass man auch ohne Beziehung alleine klarkommt. Als Kind war das anders, da waren wir abhängig von unseren Bezugspersonen. Heute ist das nicht mehr so. Du kannst alles selbst meistern, alles lernen und auch unangenehme Momente (die zum Leben dazu gehören) alleine aushalten. Um deine Beziehung zu dir selbst zu (re)aktivieren, verbringe dafür mal wieder gezielt Zeit mit dir allein. Mache alles, was du magst und was dir gut tut und versuche auch, den Zauber im Alleinsein zu entdecken. 

→ Menschen, die einen sicheren Bindungsstil entwickelt haben, haben typischerweise eine gute Balance aus ihrem Bedürfnis nach Bindung und Autonomie gefunden. Sie sehnen sich nach Bindung, aber kommen auch alleine gut zurecht. Sie fühlen sich auch in Beziehungen frei, da sie klar kommunizieren, was sie fühlen und wo ihre Bedürfnisse sind. Trotzdem haben sie ihr Gegenüber im Blick und sind bereit, Kompromisse zu finden. 

6. Sich zeigen:

Versuche dich in Beziehungen in deiner einzigartigen Gesamtheit zu zeigen, mit all deinen Gefühlen, Wünschen und Bedürfnissen! Eine Beziehung funktioniert nicht, wenn sie nur einseitig verläuft. Es ist wichtig, dass beide Parteien zu 50% Verantwortung für das Gelingen der Beziehung übernehmen. Das bedeutet, dass manchmal Kompromisse gefunden werden müssen, aber nicht, dass immer dieselbe Person den Kürzeren zieht. Erinnere dich, dass du authentischer bist, wenn du dich mit all deinen Facetten zeigst. Beziehung bedeutet sicher Arbeit, aber die Arbeit sollte nicht nur von einer Seite kommen. Das Ziel: Dich in der Äußerung deiner Gefühle, Bedürfnisse und Wünsche frei in einer Beziehung fühlen. Freiheit und Beziehung sind keine separaten Paar Schuhe. Wenn man Mut zur Ehrlichkeit hat, kann man sich auch in einer Beziehung frei fühlen. 

7. Sich Annäherungsziele (statt Vermeidungsziele) suchen:

Wer Beziehungen vermeidet, lebt sein Leben in der Defensive und verfolgt Vermeidungs- statt Annäherungsziele (z.B. das Vermeidungsziel “nicht verletzt werden” anstatt das Annäherungsziel “sich für die Liebe zu öffnen”). Es ist jedoch viel schwieriger, Vermeidungsziele zu verfolgen, da es schwieriger ist, sie zu erreichen als Annäherungsziele. Versuche also dein Leben wieder mehr in Richtung Annäherung (als Vermeidung) zu gestalten. Was wünschst du dir von einer Beziehung? Was möchtest du gemeinsam erleben? Was kannst du anstreben?

Selbstverständlich kann auch eine Psychotherapie oder eine psychologische Beratung dabei helfen, Bindungsängste zu überwinden.

Dann können neue Beziehungserfahrungen gesammelt werden und die Liebe hat wieder eine Chance!

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Friederike Schubbert

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